23 km mit 2251 Höhenmeter – so der Plan. Ich wollte von Garmisch durch das Reintal auf die Zugspitze laufen. Bereits vor ein paar Jahren startete ich den Versuch, musste ihn aber wg. zu viel Schnee abbrechen. Dieses Mal sollte es klappen! Die Bedingungen am letzten Tag im August waren perfekt: Sonne, im Tal bis zu 27 Grad, am Berg etwa 10-15 Grad und kaum Wind
Den Plan, auf die Zugspitze zu laufen, fasste ich sehr kurzfristig als klar war, ich bin über das Wochenende bei München. Hätte das Wetter nicht mitgespielt, wäre die Alternative gewesen, um den Chiemsee zu laufen. Dies bleibt nun noch offen…
Es geht los…
Morgens um 5 läutet der Wecker, noch verschlafen mache ich mich fertig, fülle meine Flaschen auf und schon geht es los. 20 Minuten nach Olching mit dem Auto, dort in die S-Bahn umsteigen, nach Pasing fahren und von dort weiter nach Garmisch. Bereits in München zeigte sich, dass in den Bergen viel los sein wird, da viele Menschen mit Wanderausrüstung in den Zug stiegen. Die Berge kamen immer näher – der Blick über den Starnberger See mit den Alpen im Hintergrund einfach traumhaft. Pünktlich um kurz vor 8 erreichte ich Garmisch. Dort noch den Rucksack mit den Wechselklamotten im Schließfach verstauen und schon kann es los gehen.
Ich starte direkt am Bahnhof und folge dem Wegweiser „Partnachklamm 1 Std.“. Entlang der Partnach erreiche ich die Olympiaschanze und laufe durch das Tal auf der Straße zum Eingang der Klamm. Ticket lösen und schon geht es durch das Drehkreuz. Frühmorgens ist es noch sehr ruhig hier und es sind nur sehr wenige Menschen unterwegs.





Durch die Partnachklamm ins Reintal
Das Wasser rauscht und bahnt sich seinen Weg durch die enge Klamm, von oben läuft Wasser herab und es wirkt als ob es regnen würde. Sehr cool! Nach ein paar Minuten ist das Schauspiel vorbei und ich verlasse die Partnachklamm am oberen Ende und das Tal wird weiter. An der folgenden Weggabelung ist mein Ziel bereits angeschrieben: Zugspitze 10 Std. – oha, aber so lange will ich nicht brauchen, da will ich eigentlich bereits wieder im Zug sitzen.





Anfangs verläuft die Strecke als Forstweg entlang der Partnach und steigt mäßig, aber kontinuierlich an. Nach einigen Minuten erreiche ich die Abzweigung zum Kreuzeck, wo es für mich beim ZUT 2023 weiterging. Heute laufe ich gerade weiter, mein Ziel ist die Zugspitze. Entlang des Weges laufe ich immer wieder an Wanderern vorbei, die bereits unterwegs sind. Tief eingeschnitte im Tal fließt die Partnach, der Weg wird schmaler und kurz darauf muss ich eine kurze Pause einlegen: Mir kommt eine Schafherde entgegen, für die die Zeit auf der Alm für dieses Jahr vorbei ist. So werden etwa 400 Schafe an mir vorbei getrieben und nach ein paar Minuten geht es weiter.
Trotz des ständigen bergauflaufen komme ich gut voran. Die Steigungen sind meist mäßig mit kurzen steileren Abschnitten dazwischen. Weiter vor mir sehe ich einen anderen Läufer, zu dem ich kurz darauf aufschließe. Wir unterhalten uns kurz, unser beider Ziel ist die Zugspitze, dann erhöhe ich das Tempo wieder etwas. An der Bockhütte (1052 Meter) treffen wir uns wieder und laufen anschließend ein Stück gemeinsam. Knapp 1:20 Std. bin ich für die ersten 11 km unterwegs und bin dabei etwa 460 Höhenmeter bergauf gelaufen – nur noch 1800 Höhenmeter…





Zur Reintalanger- und Knorrhütte
Der schmale Wanderweg führt weiter direkt an der Partnach entlang durch das Reintal und ich laufe auf die hohen Berge vor mir zu. Rechts und links geht es steil nach oben und in der Sonne wird es bereits wärmer. Es macht einfach Spaß, durch das Tal zu laufen. Vereinzelt laufe ich an Wanderern vorbei. Zwischen dem permanenten, moderaten Anstieg sind immer wieder kurze steilere Abschnitte, die etwas Kraft kosten – trotzdem lassen sich auch diese laufen, zwar etwas langsamer, aber es geht.
So laufe ich die nächsten Kilometer weiter und erreiche nach etwa 2:15 Std. die Reintalangerhütte, an der ich ein erstes Gel und ein paar Bissen von einem Riegel zu mir nehme. Jedes mal denke ich mir, wie schön die Hütte im Tal liegt und eigentlich müsste ich hier übernachten. Vielleicht klappt es irgendwann doch noch. Vor der Hütte sitzen Menschen beim Frühstück, an den Bänken im Flussbett sind Wanderer und zwischen Bäumen weht eine tibetische Gebetsfahne. Nach der kurzen Pause geht es für mich weiter, der Wegweiser zur Zugspitze zeigt 6 Std. an.



Zur Knorrhütte sind nur 3,3 km, auf denen allerdings 660 Höhenmeter zu überwinden sind. Für mich bedeutet es, dass es bald mit dem angenehmen Laufen zu Ende ist. Ein paar Minuten nach der Reintalangerhütte wird aus dem flachen Wanderweg ein ein felsiger Weg und die Stöcke kommen zum Einsatz. Der Weg wurde anspruchsvoller und steiler, viel steiler. Es ging über Felsen und Geröll stetig bergauf – an laufen war hier nicht zu denken, es war eher ein schnelles Wandern. Spätestens ab hier zeigte sich, dass auch der einfachste Weg auf die Zugspitze eine alpine Bergwanderung ist, die Ausdauer und Bergerfahrung erfordert. Leider musste ich schon hier feststellen, dass das nicht alle Wanderer haben.
Es ging immer weiter nach oben, selbst für mich war es sehr fordernd, aber mein Ziel motivierte mich schnell weiter zu kommen und irgendwann sah ich unter der aufragenden Felswand die Knorrhütte. Bis dahin war es aber noch ein Stück bergauf. Ich blieb kurz stehen, genoss den Blick auf die Hütte und die mich umgebende Landschaft mit steil aufragenden Felswänden und blauem Himmel. Nur noch ein paar Minuten und dann war ich an der Knorrhütte – nach 3:23 Std. war ich auf 2050 Meter und hatte bereits über 1300 Höhenmeter geschafft.








An der Hütte war viel los. Auf der Terrasse saßen Menschen, und überall um die Hütte wurde Pause gemacht. Etwas neben der Hütte füllte ich meine Flaschen an der Wasserstelle und trank gleich eine ganze Flasche des eiskalten Bergwassers. Kurz genoss ich den Ausblick, bevor es für mich weiterging.
Hoch zum Zugspitzplatt
Noch etwa 860 Höhenmeter und 4 km hatte ich vor mir – etwas mehr als 2 Stunden sollte ich dafür benötigen, was ich mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorstellen konnte. Nun wurde es voller auf dem Weg und auf Stufen im Geröll gewann ich schnell Höhe und die Hütte wurde immer kleiner. Die Landschaft war faszinierend: felsig, nichts wuchs hier und dazu der tiefblaue Himmel. Ich passierte den Abzweig „Zugspitze über Jubiläumsgrat 7 Std.“ und war froh, dass ich diesen Weg nicht gehen musste.





Schritt für Schritt, immer weiter ging es bergauf. Ich versuchte, das Tempo auch beim Wandern hoch zu halten und überholte immer wieder kleinere Gruppen, aber es war anstrengend. Hinzu kam, dass die Sonne mit voller Kraft schien und es keinen Schatten gab. Zu Anderen merkte ich, dass ich mich inzwischen auf 2500 Meter zubewegte und die Luft dünner wurde.
Auf dem Weg zum Zugspitzplatt zeigte sich am Berg bereits mein Ziel – Deutschlands höchster Gipfel mit dem Münchner Haus. Je näher ich kam wurde deutlich, was mich auf dem letzten Kilometer erwarten würde. Es zeigten sich bereits viele Menschen am steilen Hang, die in Zick-Zack eine Schlange nach oben bildeten. Noch ein paar Minuten und ich war direkt unterhalb dieser Schlange und betrachtete mir den letzten Anstieg hoch zur Zugspitze. Vom Schneeferner war nicht mehr viel da und auf einem weiteren kleinen Schneefeld rodelten ein paar Menschen. Nun bekam ich Respekt und überlegte, ob es eine gute Idee sei, auf die Zugspitze zu laufen. Ja, ist es! Ich schaffe das!
Der letzte Kilometer auf die Zugspitze
Ein letztes Gel und der letzte Anstieg kann beginnen. Es war einfach nur steil und dazu loses Geröll. Ich weiß nicht, ob ich so etwas schon einmal hatte. Ich reihte mich in die Schlange, in der alle in ihrem eigenen Tempo versuchten, den Berg hoch zu gehen. Es fand sich ein etwas ausgetretener Pfad, den ich wählte. An manchen Stellen ging ich neben diesem und war um meine Stöcke froh. So hatte ich einen besseren Halt. Bei jede Schritt, den ich machte, rutschte ich etwas ab und manchmal löste sich ein Stein, der nach unten rollte – „Vorsicht Stein!“ hieß es dann. Es war verdammt steil, erst danach hab ich gesehen, dass es 35% Steigung sind. Der Aufstieg zum Schneefernerhaus kostete viel Kraft. In diesem Geröll sah ich wieder einen Wanderer, der mir weiter unten bereits auffiel, da er mit Straßenlaufschuhen ohne jeglichem Profil unterwegs war. Wahnsinn, mit was sich manche Menschen ins Hochgebirge aufmachen.




Irgendwann hatte ich das Geröllfeld geschafft, der Blick nach unten war Wahnsinn! Nun wurde es nicht leichter, sondern anders. Am Drahtseil ging es über blanken Fels bis hoch zur Zugspitze. Ich verstaute meine Stöcke, um beide Hände frei zu haben und war sehr froh, dass kein Wind ging. So ging es neben dem Weg nur steil bergab, was mir Respekt einflößte, aber ich musste keine Angst haben, weggeweht zu werden, wie ich es im November am Plöckenstein im Bayerischen Wald erlebte.

Langsam ging es voran und glücklicherweise kamen nur wenige Wanderer entgegen. Um das Drahtseil war ich froh, gab es mir doch Sicherheit. So war der Weg gut zu gehen, manchmal ein paar höhere Felsen, dazwischen kurze Passagen ohne Seil und immer wieder Kurven. Ich war froh, dass ich bergauf ging und nicht nach unten musste. Kurz nachdem es auf den Fels überging verläuft der Weg direkt auf der Grenze zwischen Österreich und Deutschland entlang. Hier oben steht wohl die höchstgelegenen Bank direkt am Grat. Nachdem sie voll besetzt war, kam ich gar nicht ins Überlegen… Auf dem Grat zweigt kurz danach der Stopselzieher Klettersteig nach links zur Wiener Neustädter Hütte ab. Eigentlich wollte ich über diese zurück Richtung Eibsee laufen (nicht über den gesperrten Bayernsteig), aber als ich die steile Passage sehe entscheide ich mich anders. Ich nehme die Bahn. Zudem wollte ich nicht den vielen Menschen entgegenkommen und immer wieder das Drahtseil auslassen müssen.
Für mich kam das Ziel immer näher, beim Blick zurück waren die Menschen am Zugspitzplatt winzig, aber die Schlange gut erkennbar. Ich war froh, dass ich das bereits geschafft hatte. Noch ein paar Minuten auf dem luftigen Weg und ich erreichte die Treppe, die mich zum Zugspitzplateau brachte. Ich hatte es geschafft! Ich war tatsächlich von Garmisch bis auf die Zugspitze gelaufen! Der letzte Kilometer war mit etwa 350 Höhenmetern dabei der anstrengendste.




Geschafft! Top of Germany erreicht!
Oben angekommen ging es für mich erst einmal nach Tirol zum Österreichischen Gipfelkreuz der Zugspitze, wo ich bereits die Aussicht genoss. Ich sah mir meinen Aufstiegsweg an und auch den Weg zur Wiener Neustädter Hütte und war froh über meine Entscheidung, nicht bergab zu gehen bzw. zu laufen. Weiter ging es zum Bayerischen Teil der Zugspitze mit Blick zum Eibsee auf der einen Seite und in die Alpenwelt auf der anderen Seite.






Eigentlich wollte ich noch zum Gipfelkreuz, aber als ich die Schlange dort sah, entschied ich mich dagegen. Ich wollte nicht gefühlt eine Stunde anstehen müssen, um ein Bild zu machen. So begnügte ich mich mit einem Bild, bei dem das Gipfelkreuz etwas weiter im Hintergrund war. Nach einem alkoholfreien Weizen ging es für mich dann mit der Seilbahn zurück zum Zugspitzplatt. Dort fiel mir ein Läufer auf, der sich von dort ins Reintal aufmachte und kurz überlegte ich, ob ich ihm folgen sollte. Nachdem ich aber bereits das Ticket gelöst hatte und noch um den Eibsee laufen wollte, entschied ich mich dagegen und nahm die Zahnradbahn zum Eibsee.

Rückweg nach Garmisch
Die Fahrt mit der Zahnradbahn dauerte länger als erwartet und es war sehr voll. Es war klar, dass ich vom Eibsee Richtung Garmisch keinen Platz bekommen würde. Andererseits wurde die Zeit knapp, da ich eigentlich den Zug um 17:35 Uhr Richtung München nehmen wollte, mit dem ich gegen 21:30 Uhr in Bamberg gewesen wäre. Also Planänderung und nicht ganz um den See laufen, stattdessen nur ein kurzes Stück, um die Atmosphäre zu erleben und das Alpenpanorama mit dem grünen Eibsee zu sehen. Einfach gigantisch, wenn auch hoffnungslos überlaufen. Schade nur, dass ich keine Zeit mehr hatte, um mich auch ans Ufer zu legen und im See zu baden.
Mein Rückweg führte mich nun laufend Richtung Grainau. Nach einem kurzen Anstieg, der nun anstrengend war, lief ich auf einem Forstweg im Wald bergab. Etwas oberhalb von Grainau kreuzte ich die Straße, es wurde flacher und ich hatte die ersten Bedenken, dass ich meinen Zug nicht mehr erreichen würde. Aber okay, eine Stunden später ging wieder ein RE und so konnte ich mich noch etwas frisch machen und eine Kleinigkeit essen. Die Beine waren schwer und das Laufen kostete Kraft – na ja, ich war inzwischen über 6 Stunden unterwegs. Nahe der Kreuzeck Seilbahn sah ich einige Gleitschirmflieger, die das Wetter ausnutzten und kurz darauf ging es für mich nach Garmisch. Ich lief durch den Ort und erreichte nach 12 km vom Eibsee den Bahnhof. Nun war ich wirklich geschafft.






Zurück nach Bamberg
Mein Rückweg nach Bamberg wurde leider zu einer kleinen Odyssee. Den Zug um 18.05 Uhr hätte ich noch erreicht, dieser war aber voll und auch das Gleis war überfüllt, also doch erst den Zug um 18.35 Uhr nehmen. Verspätung aufgrund eines technischen Defekts – mit 25 Minuten Verspätung sollte es dann losgehen. Alle waren eingestiegen und nun die Durchsage, dass der Zug aufgrund der technischen Störung auf unbestimmte Zeit stehen bleibt und wir den Zug um 19.05 Uhr vom anderen Gleis nehmen sollten. Hä??? Wie auch immer, ich bekam einen Platz und fuhr nach München. Meine Anschlüsse würde ich allerdings nicht mehr erreichen und mir wurde bereits eine Ankunftszeit in Bamberg von 1:26 Uhr angezeigt… Na toll. Über Pasing, Augsburg, Nürnberg erreichte ich zusätzlich mit Schienenersatzverkehr Bamberg und war nur noch müde und wollte in mein Bett.
Würde ich es noch einmal machen? Sofort! Es zeigte sich aber deutlich, dass man auch vor dem „leichtesten“ Anstieg zur Zugspitze Respekt haben muss. Es ist eine hochalpine Tour, die Kondition und die richtige Ausrüstung erfordert.


